Aus dem Schatten: From Dawn Till Dusk in Bonn

Meist imitiert er verlässlich sein Gegenüber. Manchmal jedoch begibt sich der Schatten auf Abwege. Den Beweis liefert die Schau From Dawn Till Dusk im Kunstmuseum Bonn.

Er klebt an einem wie Leim, lässt sich selbst beim schnellsten Sprint nicht abhängen, produziert abends eine unvorteilhafte Stretchversion seines Erzeugers und macht sich nachts obendrein noch unsichtbar. Also ergibt man sich schließlich seinem eigenen Schatten und akzeptiert den Nonstop-Begleiter, ohne den man ein Nichts wäre.

In der Kunst jedoch lässt er sich austricksen. Besonders spannend wird es, wenn zeitgenössische Künstler sich den Schatten zum Komplizen machen, wenn er also einem Motiv nicht nur Tiefe und Kontur verleiht, sondern selbst zum eigentlichen Inhalt einer Arbeit wird. Bestenfalls entwickelt er dabei sogar ein Eigenleben. Solche Schatten auf Abwegen belichtet die Ausstellung From Dawn Till Dusk in Bonn: Rund 40 internationale Positionen zeigen die zarten Schemen nicht nur als Mitläufer, sondern als verblüffende Bildelemente.

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In ihren Selbstporträts stellt sich die Britin Janice Guy, die gemeinsam mit Thomas Struth an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte, nicht ins Zentrum der Bildkomposition. Stattdessen ­ erhebt sie ihre Kamera und den Akt des Fotografierens selbst zum eigentlichen Inhalt des Werkes: Untitled, 2023.

So fehlt etwa bei Sophia Pompérys Abbild einer brennenden Kerze dem Pendant an der Wand die Flamme. Bei Vadim Fishkin mutiert im Scheinwerferspot ein Tintenfass zur Teetasse. Und bei Zilla Leutenegger schaukelt ein Schattenmännchen auf einer Stehleuchte, während Vito Acconci im Video beim Boxen gegen den eigenen Schatten verzweifelt. In Schwarz-Weiß-Grau-Nuancen und ab und zu in Farbe wird hier der Umriss zum Protagonisten, der sich klar von seinem Counterpart emanzipiert.

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Die Berliner Konzeptkünstlerin Sophia Pompéry, die Schülerin von Ólafur Elíasson am Institut für Raumexperimente war, fügt vertrauten Dingen ungewöhnliche Dimensionen hinzu: Light Shade, 2011.

Besucher entdecken in dieser musealen Schattenwelt optische Täuschungen sowie virtuose Spiele mit Licht und Dunkelheit – witzig, rätselhaft, faszinierend. Da bleibt nur zu sagen: schnell einfangen, bevor es zu spät ist!

From Dawn Till Dusk, Der Schatten in der Kunst der Gegenwart Kunstmuseum Bonn, bis 02.11.2025.

Weitere Highlights zum Thema Kunst finden Sie in der neuen IDEAT Ausgabe Nr. 27.

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