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California, Santa Barbara, 2016. © Ludwig Favre Paris

Ludwig Favre: Schöner als im wahren Leben

Orte der Sehnsucht: Mit seinen Bildern von Sportstätten, Vergnügungsparks und Stränden macht er sich die Welt, wie sie ihm gefällt. 

Das Portfolio

»Ich will die Realität auf ein höheres Level heben.«

Das Interview

Ludwig Favre
Ludwig Favre, Jahrgang 1976, ist quasi mit der Kamera in der Hand aufgewachsen. Geboren nördlich von Paris, folgte er seinem Vater, einem Fotografen, auf Schritt und Tritt. Ludwig Favre wird vertreten von der Galerie Yellow Korner.

Hallo Ludwig! Ungewöhnlicher Name für einen Franzosen.

Stimmt. Ich wurde benannt nach meinem Großvater Louis.

Das klingt schon französischer.

Ja, mein Vater war aber auch ein großer Fan der deutschen Klassik, vor allem ein Bewunderer von Beethoven. Und so wurde ich Ludwig genannt. Ist ja auch irgendwie nach dem Großvater.

Dein Vater hatte Großes mit dir vor?

Weiß ich gar nicht. Es war mehr eine Mischung aus seiner Leidenschaft und Ehrung seines Vaters. Aber ich habe mich schon sehr früh für seinen Beruf interessiert und bin ihm kaum von der Seite gewichen.

Er war …?

… Fotograf und Filmemacher.

Du hast ihn wahrscheinlich immer bis in die Dunkelkammer verfolgt?

Das stimmt wirklich. Schon mit sechs Jahren habe ich dort viel Zeit verbracht und war fasziniert, wie plötzlich die Bilder auf dem Papier erschienen.

Und du warst verloren an die Fotografie?

Ja, total. Mein Vater war auch so ein Maniac, der jedes Jahr mit neuen Kameramodellen nach Hause kam. Er hat alles gehabt und ausprobiert. Ich war oft dabei.

Also war dein Weg vorgezeichnet.

Irgendwie schon. Allerdings habe ich mich nach der Schule in Paris erst mal für ein Studium entschieden, das eine Mischung aus Theorie, Technik, Grafik und fotografischer Praxis beinhaltete. Und ich habe in jeder freien Minute fotografiert.

Welche Motive?

Was mir vor die Linse kam. Was mich interessierte. Was mich berührte.

War das Hobby oder schon Beruf?

Ich liebe das Fotografieren. Ich habe das nicht für Geld gemacht. Trotzdem habe ich irgendwann versucht, meine Bilder Galerien anzubieten.

Und das hat einfach so funktioniert als No Name?

Nicht auf Anhieb natürlich. Aber ich hatte das Glück, dass Alexandre de Metz, einer der Gründer von Yellow Korner, Gefallen an meinen Arbeiten gefunden hatte. Er hat mich in sein Portfolio aufgenommen.

Das hört sich für einen Hobbyfotografen geradezu fantastisch an.

Das war es! Irgendwann sagte meine Frau: Mach es zu deinem Beruf. Ich habe natürlich auf meine Frau gehört.

Was hat Alexandre de Metz so an deinen Fotos fasziniert?

Das müsste man ihn fragen. Aber ich denke, es ist meine Art, die Welt zu sehen, der Style der Arbeiten.

Wie würdest du selbst deine Sicht auf die Welt und deinen Style beschreiben?

Ich reise zu meinen Sehnsuchtsorten, suche meine Lieblingsmotive und bearbeite sie dann so, wie sie mir noch besser gefallen würden.

Du schaffst dir also deine Traumwelt?

Gewissermaßen ja.

Klingt wie Pippi Langstrumpf: macht sich die Welt, wie sie ihr gefällt. Deine Arbeiten wirken oft wie Gemälde. Malst du auch?

Ich hab’s versucht. Aber das wird nichts. Ich bleibe beim Fotografieren.

Du fotografierst auffällig oft in Amerika. Dein Traumland?

In gewissem Sinne ja. Ich bin aufgewachsen mit amerikanischen Fernsehserien, ich liebe die alte Musik, The Doors, Jimi Hendrix. Die Filme von Ridley Scott und Stanley Kubrick haben mich stark beeinflusst. Vor allem in ästhetischer Hinsicht. Blade Runner und Clockwork Orange sind absolute Meisterwerke.

Denen eiferst du nach?

Ich versuche, den Stil auf meine Bilder zu übertragen. Ich bin nach wie vor absolut fasziniert davon. Ich versuche, meine Kindheitserinnerungen wiederzubeleben.

Wie oft bist du unterwegs?

Wenn nicht grade ein Virus umhergeht, knapp die Hälfte des Jahres.

Oh, là, là! Was sagt deine Frau?

Nächste Frage! Sie ist nicht so happy. Wir haben zwei recht kleine Kinder. Da ist das schon für alle eine Herausforderung.

Nach welchen Kriterien wählst du deine konkreten Ziele aus?

Das passiert einfach so. Ich lese etwas in einem Buch, sehe etwas im Film, höre Musik und irgendetwas spricht zu mir. Dann setze ich mich hin und plane meine Reise im Detail. Markiere die Route genau auf Google Maps, damit ich keine Zeit verschwende. Das kann schon mal einen Monat dauern.

Wie bist du dann unterwegs? Mit großem Team, Equipment, Licht?

Allein. Nur mit Rucksack. So bin ich flexibel. Und allein auf Tour bist du frei. Das brauche ich. Wenn jemand bei dir ist, bist du nicht frei, das zu tun, was dir gerade wichtig erscheint. Die Frau oder einen Freund dabeizuhaben – das geht nicht. Die verstehen nicht, was du tust. Warum du zum Beispiel unbedingt um vier Uhr morgens aufstehen musst. Weil das Licht oder die Stimmung so toll ist …

Suchst du immer neue Ziele oder bist du öfter an dir bekannten Orten?

Wenn du an einen dir bekannten Ort kommst, hast du deine Spontaneität verloren. Du siehst die Magie nicht mehr.

Wenn du nach Hause zurückkehrst, verwandelst du deine Motive dann zu Traumbildern?

Erst mal lasse ich alles liegen. Manchmal ein paar Wochen. Vielleicht muss ich Abstand gewinnen, ich weiß nicht. Ja, und dann bearbeite ich die Bilder, mache sie besser als die Realität. Ich verwirkliche meinen Traum. Ich will die Realität auf ein höheres Level heben.