Besser Allein
Von Camilla Péus
Lucas Castex ist einer, der selbst mit 48 noch wirkt wie ein Junge mit Getreidehalm im Mundwinkel. Eben einer, der das Glück im Leben hat, genau das zu tun, was er möchte. Nämlich mit seinen Hunden durch die Eichen- und Seekiefernwälder rund um sein Heimatdorf Onesse zu streifen und Hölzer zu sammeln, die er in formschöne Artefakte und Möbel mit einzigartigen Oberflächen verwandelt.
Frühmorgens schon sitzt er im Holzfällerhemd und mit Baseballkappe auf einem Baumstumpf vor seiner Werkstatt und schnitzt. Oder er schiebt ein Objekt in den verrußten Ziegelofen hinter ihm, um es darin zu schwärzen.
»Ein Stück Holz, das manchmal Hunderte Jahre gewachsen ist, verlangt einen gewissen Respekt«, sagt er, gießt sich eine Tasse Tee ein und pinselt wie zum Beweis eine Skulptur auf seinen Knien sorgfältig mit Leinöl ein, während der Feel-good-Sound seiner Lieblingsband Sault aus dem Schuppen zu ihm hinausdringt.
Angefangen hat Castex vor neun Jahren als Autodidakt, nur mit Stichsäge, Schleifmaschine und Lötkolben. Seither fräst, prägt, sägt, kerbt, schleift, bürstet und verkohlt er mit viel Geduld die Oberflächen seiner Skulpturen, Couchtische und Wanddekorationen. Nur verleimt wird nie etwas. »Im Alltag bin ich ungeduldig, aber ich strukturiere tagelang Holz mit winzigen Zeichnungen und denselben Bewegungen.« Für Loro Piana hat er 200 Antipasti Servierbretter aus Walnussholz gefertigt, im Auftrag des Atelier Lionel Jadot 14 Barhocker für das Wellnesshotel Mix Brussels. Und gerade hat er die berühmte Gottesanbeterin-Leuchte von François Rispal als Sammleredition mit einer All-over-Kerbenstruktur überzogen in 40 Stunden meditativer Arbeit. »Aber«, erzählt er, »es vergeht kein Tag, an dem nicht jemand vorbeikommt um zu sehen, woran ich arbeite, und um zu diskutieren.«
Nur für ein paar Jahre kehrte der Kunsttischler Familie und Freunden den Rücken und ging der Liebe wegen nach La Réunion und Biarritz. Dort betrieb er einen Kunsthandwerksshop, beriet ein Architekturbüro und fer- tigte Skulpturen. »Das war ein etwas verrücktes Pensum«, erinnert er sich. »Also beschloss ich, in meine ländliche Heimat zurückzukehren und mich meiner eigentlichen Leidenschaft zu widmen.« Denn im Herzen sei er ein waschechter Landese, hier seien seine Wurzeln. »Ich liebe, was ich tue, und arbeite wie ein Verrückter«, sagt Lucas Castex, »repetitiv, versunken, oft bis in die Nacht hinein.« Bis ihn der Ruf eines Uhus aus seinen Gedanken holt. Oder der neugierige Fuchs, der häufig an seiner Werkstatt vorbeistreift.
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