Dass Schmuck nicht nur schön, sondern auch intelligent sein kann, beweist die Manufaktur Niessing seit gut 150 Jahren.
Es gehört wahrscheinlich zu den undankbarsten journalistischen Aufgaben, von Wunderwerken zu berichten, ohne in der Lage zu sein, selbige genauer erklären zu können. Aber es gibt eben diese aus Laiensicht wunderbaren Mysterien, von denen es sich trotzdem unbedingt zu erzählen lohnt, auch wenn die letzten Geheimnisse nicht gelüftet werden können oder dürfen. Die Rede ist hier nicht – um gleich falschen Vorstellungen entgegenzutreten – von religiösen Überlieferungen, obwohl ein gewisser religiöser Bezug in diesem Fall eine nicht unerhebliche Rolle spielt.
Es geht um zwei ganz besondere Ringkreationen einer ganz besonderen Schmuckmanufaktur aus einem kleinen unscheinbaren Ort namens Vreden im westlichen Münsterland, quasi umschlossen von der nahen niederländischen Grenze. Das Unternehmen heißt Niessing und wurde im Jahr 1873 gegründet – anfangs für die Herstellung der sogenannten Nonnenringe, dem symbolischen Zeichen, mit Gott verheiratet zu sein (so viel zum religiösen Aspekt).
Die hier vorgestellten Wunderwerke sind jedoch profaner (also nicht religiöser), genauer gesagt technischer Natur. Die erfindungsreiche Manu faktur hatte die Idee, einen Ring zu entwerfen, der einen Diamanten in seiner voller Schönheit zeigt, ihn also nicht in eine Fassung einbettet, damit das Licht ihn ganz und gar umgeben und der Stein seine volle Schönheit entfalten kann. Quasi eine Quadratur des Kreises. Konnte das möglich sein? Handwerkskunst und unermüdlicher Ingenieursgeist führten zur Entwicklung des »Spannrings«, einer nicht nur auf den ersten Blick waghalsigen und faszinierenden Konstruktion.
Das Prinzip ist gleichzeitig simpel wie revolutionär. Der Diamant wird an zwei kleinstmöglichen Punkten in einen offenen Ring eingespannt und verblüffenderweise sicher gehalten. Er ist von allen Seiten sichtbar und scheint in der Konstruktion zu schweben. Natürlich ist es nicht ganz so simpel, wie es aussieht. Besondere Schmiedetech niken sind nötig, um solch einen Spannring her zustellen, doch die bleiben ein Geheimnis. Sie beruhen auf den Erfahrungen der über 100jährigen Manufakturgeschichte. Nur so viel sei verraten: Mitentscheidend sind spezielle Metalllegierungen, die es erlauben, die unsichtbare Spannkraft des Ringes exakt zu dosieren und dauerhaft zu erhalten.
Eine zu starke Spannung könnte selbst einen Diamanten zerstören. Und bei nachlassender Spannkraft würde der Ring den Stein verlieren. Das formal besonders schlicht gehaltene Design des Ringes – das Dreieck des Diamanten eingeschlossen in einen offenen Kreis – folgt den Prinzipien des Bauhauses, der großen deutschen Schule, der sich das Unternehmen verpflichtet fühlt. Nicht nur, weil das Firmengebäude in einer original BauhausArchitektur untergebracht ist. Besonders reizvolle technische Innovationen begründen schon seit Langem den Ruf von Niessing. Die Alchimisten in den Werkstätten haben ein einzigartiges Farbspektrum des Goldes erschaffen. Kreationen in unterschiedlichsten Goldnuancen können angeboten werden – und sogar Schmuck stücke in erstaunlichen Farbverläufen.
Und noch eine gute Nachricht gibt es aus dem Hause Niessing: Sie betrifft vor allem Brautpaare, die auf eine lange Dauer ihrer Ehe hoffen. Deren Ringe, wenn sie von Niessing stammen, können nämlich mehr oder minder beliebig oft enger und weiter gemacht werden. Was sich als durchaus praktisch erweisen kann, wenn sich die Finger der Eheleute im Laufe der Jahrzehnte verändern. Das Geheimnis ist ein Trauring, der fugenlos hergestellt werden kann. Auch dies eine im wahrsten Sinne unsichtbare Erfindung.