Einrichtungsobjekt oder Kunst? Für die beiden Gründerinnen des Labels Maison Rhizomes stellt sich die Frage nicht. Ihre Teppiche sind Schätze auf dem Boden – und an der Wand!
Jedes Mal, wenn Hannah Vagedes erzählt, wie es zur Entstehung ihrer Marke Maison Rhizomes kam, muss sie lachen: »Weil es so kitschig klingt: Zwei Frauen treffen sich auf 2000 Meter Höhe im Himalaja, verbringen zwei Tage miteinander und es macht auf einer spirituellen Ebene klick.« Die 29-jährige Deutsche, die aus einer Garnhändlerfamilie stammt und damals noch in der Modebranche arbeitete, befand sich in einem sechs-monatigen Sabbatical. Die belgische Künstlerin Charlotte Culot dagegen war in Nepal, um genau die Manufaktur zu besuchen, die heute die exklusiven Teppiche der beiden Unternehmerinnen fertigt. »Interessanterweise wussten weder Charlotte noch ich zu diesem Zeitpunkt voneinander, was wir im echten Leben machen, uns hat unser Blick auf die Dinge verbunden«, fügt sie an. Drei Monate später besuchte Vagedes Culot in deren Atelier in der Provence – und zog kurz darauf nach Frankreich.
Zusammen sichteten sie das Œuvre der Künstlerin, knüpften Netzwerke zu Galerien und Kunden und kümmerten sich um die nicht unkomplizierte Logistik. »Charlottes Schaffen und mein unternehmerisches Denken ergänzten sich einfach gut«, erinnert sich Hannah Vagedes. »Durch sie fand ich den Zugang zur Kunst und verstand, dass es ihre Langlebigkeit ist, die mich, im Gegensatz zur Mode, begeistert.« Charlotte Culot hatte schon 2018 begonnen, ihre großformatigen malerischen Kompositionen aus sich überlagernden Farbflächen in Teppiche aus Seide, Wolle und Leinen zu übersetzen. Für sie stehen die Stücke für Beständigkeit und die unverwüstliche Natur reiner Ästhetik.
Um diese auch in die Welt hinauszutragen, zog Hannah Vagedes 2022 zurück nach Berlin. Seitdem wächst das Label stetig und initiiert Kollaborationen mit weiteren Künstlern wie etwa jüngst mit dem Franzosen Ludovic Philippon. Die Kommunikation der Freundinnen zwischen der Landidylle und der Metropole ist eingespielt: »Wir sprechen beinahe täglich, ob privat oder geschäftlich«, erzählt Hannah Vagedes. Natürlich gebe es immer wieder Dinge, bei der die Meinung der anderen gefragt sei, »dann senden wir einfach eine Nachricht mit ›Are you available? I need your opinion!‹« Weil der Wert persönlicher Begegnung für die Partnerinnen jedoch unbezahlbar bleibt, gibt es eine firmeninterne Regel, wie Vagedes noch verrät: Fünf Tage muss ein Treffen mindestens dauern, »es sei denn, wir sind in einer Großstadt, da hält es Charlotte nämlich nicht so lange aus.«