Jil Sander: Duft in Form gebracht

Was bleibt von einem Parfum, wenn der Duft verflogen ist? Vielleicht die Erinnerung. Oder das Objekt, das ihn getragen hat. In der neuen Olfactory Series 1 von Jil Sander wird dieser Gedanke zum Ausgangspunkt eines gestalterischen Experiments.

Jil Sander präsentierte die Olfactory Series 1 während der Mailänder Designwoche 2025 bewusst ohne großen Wirbel. Statt auf visuelle Reize oder großes Spektakel zu setzen, lud die Marke zu einem Gespräch ein. Im Rahmen der Jil Sander Design Talks diskutierten der Kurator und Journalist Dan Thawley, das Designerduo Andrea Trimarchi und Simone Farresin von Formafantasma sowie die Parfümeurin Julie Massé über die Entwicklung der Olfactory Series 1. Thema war nicht nur die Komposition der Düfte, sondern auch die Gestaltung des Flakons und die Verbindung von Handwerk, Technologie und Sinneserfahrung.

Panel Talk bei Jil Sander über Olfactory Series 1.
Startbereit: Der mailänder Store wurde anlässlich des Talks umgebaut.

Im Zentrum steht der Flakon, entworfen vom renommierten Designstudio Formafantasma. Kein glattes, perfektes Objekt, sondern eine Flasche, die sichtbar gemacht hat, wie sie entstanden ist. Jeder Flakon ist organisch geformt, asymmetrisch, mit kleinen Unregelmäßigkeiten. Im industriellen Prozess entstanden, aber bewusst mit Spuren von Handwerk und Zufall. Ein Objekt mit Eigenleben. Der weiß lackierte Aluminiumdeckel erinnert in seiner Form an eine Glocke, die sich komplett um das Parfum legt. Er erfüllt mehr als nur eine praktische Funktion: Er schützt den Duft vor Licht, schirmt ihn ab, macht ihn still. Doch sobald man ihn abnimmt, verändert sich der Moment. Die Bewegung wirkt wie ein kleines Ritual – fast so, als würde man etwas Persönliches, Kostbares freilegen.

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Die Parfum Flakons in der Herstellung.
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So sieht am Ende der fertige Flakon aus.

Die Gestaltung verweist mit feinem Understatement auf ein ikonisches Vorbild: den Flakon „The Woman Pure“ von Peter Schmidt aus dem Jahr 1979 – ein Designklassiker, der heute im Museum of Modern Art in New York ausgestellt ist. Auch die Düfte selbst folgen diesem Ansatz. Sechs unisex Kompositionen, zurückhaltend, elegant, vielschichtige Kompositionen mit eigener Silhouette.

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Das übergroße Parfum im Schaufenster des Jil Sander Stores.

jilsander.com