Zur alljährlichen Kunstsaison warten neue Skulpturen namhafter Künstler inmitten des fantastischen Landschaftsparks der Domaine de Chaumont-sur-Loire darauf, entdeckt zu werden.
»Wissen Sie, in Chaumont-sur-Loire schrecken wir vor nichtszurück«, scherzt Chantal Colleu-Dumond, Direktorin und Kuratorin des Kunst- und Naturzentrums an der berühmten Schlösserroute der Loire. Das, worauf sie anspielt, versteckt sich im Unterholz des 32 Hektar großen Parks: die Grotte Chaumont, ein monumentales, knapp acht Tonnen schweres Keramikungetüm mit weit aufgerissenem Schlund. Erschaffen hat die Kreatur der bekannte Künstler Miquel Barceló in Anlehnung an die Chauvet-Höhle Ardèche mit ihren berühmten Felsmalereien.
Diese »neue Verrücktheit« hat sich zum diesjährigen Kunstfestival gemeinsam mit 13 anderen geheimnisvollen Waldwesen auf dem Gelände eingenistet. Ein paar haben sich unter Tannen versteckt, andere um Baumstämme gewickelt, in Scheunen verkrochen und auf Teichen niedergelassen. »Die Naturinszenierung erinnert diesmal an die Gärten von Bomarzo«, erklärt die Kuratorin, »eine italienische Parkanlage, die für ihre märchenhaften Statuen und Architekturen bekannt ist.« So tragen etwa die unter Zedern wachenden Bronzefiguren der Künstlerin Prune Nourry Astkronen auf den Köpfen.
Unter dem Vordach der alten Ställe ragt eine monumentale Tonskulptur von Gloria Friedmann empor, bei der ein Mann auf einer Kugel sitzt, die auf einem Schildkrötenpanzer balanciert. Und Pascale Marthine Tayou, auch ein zeitgenössischer Kunststar, lässt an Zweigen PET-Flaschen statt Blüten sprießen. Neben den mysteriösen Gestalten und rätselhaften Objekten tauchen zudem die Cortenstahl-Kringel des Bildhauers Bernar Venet und die wie Schachtelhalme ineinandergesteckten Stahlschlangen von Vincent Barré auf den Wiesen auf.
Eine Landpartie mit Überraschungsmomenten
»Ich spüre, wann ein Werk in einen Dialog mit der Landschaft, den Bäumen und der Architektur treten kann«, erzählt Chantal Colleu-Dumond. »Dabei spielt der Standort der Werke die entscheidende Rolle. Die Kunst ist, dem Besucher das Gefühl zu geben, dass jedes Werk schon immer da war.« Besonders stimmig wirkt das Konzept im Tour de Diane. Der Form des Turmes folgend hat hier der Konzeptkünstler Kôichi Kurita seine Landbibliothek Terres de Loire im Kreis aufgestellt. Es sind kleine Fläschchen mit Erden aus der Loire-Region, die durch ihre verschiedenen Nuancen Geschichten der Gegend erzählen. Und wer noch mehr Lust auf Land-Art hat: Gleich nebenan erstrecken sich bäuerliche, wüstenähnliche und wilde Naturszenarien auf dem Gelände des Internationalen Gartenfestivals.
Die Kunstsaison 2024 im Chaumont-sur-Loire läuft noch bis zum 27.10.2024. Das internationale Gartenfestival bis zum 03.11.2024.