Mumbai wacht nachts auf und rennt tagsüber weiter.

Wäre Mumbai ein Mensch, so würde man ihm eine multiple Persönlichkeit bescheinigen. Die Megacity mit ihren rund 22 Millionen Einwohnern ist ultrareich – hier steht das teuerste Privathaus der Welt – und bitterarm, mit Asiens größtem Slum.
Ein Stern des Ostens mit dem Gesicht nach Westen, wie Salman Rushdie seine Heimatstadt beschreibt. Geprägt von Superlativen und Extremen, geht das Epizentrum von Indiens gigantischer Filmindustrie ans Herz und unter die Haut. Ein Streifzug, begleitet von BollywoodKennern.

Menschen schwirren hektisch vorbei und strömen in Trauben zu den Bahngleisen. Gedrängel, Geschubse. Dicht an dicht klebende Körper in übervollen Abteilen, offene Türen, besetzte Dächer. Züge durchqueren die Halbinsel am Arabischen Meer von Nord nach Süd, strukturieren den Alltag der Mumbaikars, die sie »Lifeline«, Lebensader, nennen. Und sie sind nie weit weg, wenn Movies gedreht werden.
Vielleicht war es sogar eine Zugstory, die hier die große Begeisterung für Filmkunst entfachte: Am 7. Juli 1896 organisierten die Brüder Auguste und Louis Lumière, die gerade durch Indien tourten, eine Filmvorführung im Watson’s Hotel (heute Esplanade Mansion genannt), einem der auffälligsten gusseisernen Gebäude der Millionenmetropole, mittlerweile allerdings verfallen.
Der Preis für eine Vorstellung betrug eine Rupie. Auf dem Programm standen unter anderem Arbeiter verlassen die Lumière-Werke sowie Die Ankunft eines Zuges auf dem Bahnhof in La Ciotat, die allerersten Filme in der Geschichte dieses Mediums. »Wunder des Jahrhunderts«, schwärmte die Times of India. Ist es da verwunderlich, dass Züge und ihre Fahrgäste in den Bollywood-Filmen immer wieder vorkommen?

HOTELS

JW Marriott Mumbai

JW Marriott Mumbai Juhu 1

Ein gewisser Charme des späten 20. Jahrhunderts durchzieht diesen gigantischen, von Kokospalmen gesäumten Palast. Das Wuchtige der Architektur wird vom Arabischen Meer ausgeglichen. Der Pool ist riesig und erinnert an die Ferienklubs vergangener Zeiten.

The Oberoi

The Oberoi mumbai
Dieser für die 1970er-Jahre typische Palast hat die Geometrie für sich gepachtet: ein strenger Würfel, der um ein XL-Atrium herumgebaut ist und von dem aus große, eckige Terrassen abgehen.

Soho House

Soho House

Die englische Lifestylemarke hat 2018 für ihr erstes Hotel in Indien ein fröhliches und mit elf Etagen verhältnismäßig kleines Gebäude gewählt. Wie in den Soho-Häusern auf der ganzen Welt wird auch in diesem mit ländlichen Drucken à la Laura Ashley, Rattan und einem Epochen-Mix gespielt, das alles passt aber wunderbar zusammen.

RESTAURANTS

Bastian Worli

Bastian Worli mumbai

Das Lieblingsrestaurant der VIPs liegt inmitten einer etwas düsteren Gegend von Hangars und Büros – der einzige Hinweis darauf ist die permanente Parade von Luxusautos vor dem Wadia International Centre. Es braucht viel Platz und hohe Decken für die majestätischen Ventilatoren, das luftige Zwischengeschoss, die gigantische Bar sowie für die zahlreichen Mitarbeiter und Gäste. 

Und was gibt es hier zu essen? Panasiatische Gerichte (Currys wie in Singapur, gebratene Baozi Buns, gewürztes Schweinefleisch, Tofu in allen Variationen …). Die Qualität der Speisen ist sehr hoch, was die schicke Kundschaft in den sozialen Netzwerken reichlich dokumentiert.

Native Bombay

O Frade Lissabon

Mit Chutneys gefüllte Kartoffeln, die typisch für das Streetfood in Mumbai sind, Hummer aus Mangalore, Nudeln mit Chili aus Kaschmir und Schokolade aus Kerala – die gesamte Küche zitiert streng ihre Quellen. Restaurantbesitzer Shahrom Oshtori und sein Küchenchef Bhairav Singh laden ihre Gäste ein zu einer epischen Reise der Geschmacksknospen durch den Subkontinent. Die Kulisse bildet eine wunderschöne Eisfabrik aus dem 19. Jahrhundert, renoviert vom Büro Malik Architecture.

Joshi House

Joshi House mumbai

Am Fuße des Pali Hill, dem Hügel, auf dem der Jetset von Mumbai seine Wurzeln hat, befindet sich dieses alte Gebäude, das wie eine Mischung aus Antiquitätengeschäft und Ferienhaus aus Goa daherkommt: Marmorsäulen, Teakholzmöbel sowie weiße Wände und Böden wetteifern hier um die Schönheit. 

Die Gerichte auf dem Teller machen einen Spagat zwischen Amerika und Asien, auch wenn die typischen Produkte aus Mumbai (Granatapfel, Koriander, Gewürze) weiterhin einen hohen Stellenwert haben. Der Soundtrack: französische Chansonklassiker im Jazzgewand. Sie lassen einen den Trubel auf der Nachbarstraße fast vergessen.

MUSEEN UND GALERIEN

Indian Hippy

Indian Hippy mumbai

Mit seinem enzyklopädischen Filmwissen hat Hinesh Jethwani (Foto) 2009 einen Laden eröffnet, der als the one and only für handgemalte Kinoplakate gilt. Jethwanis Motivation: das traditionelle Handwerk und die Farben wiederzubeleben, die mit dieser Kunst verbunden sind. 

Man findet hier unter anderem ein schlichtes Schwarz- Weiß-Poster von Kedar Kapoors Do Hawaldar (1979), anspruchsvolle Werke von Satyajit Ray und natürlich die nostalgischen Kitschplakate von Bollywoods beliebten Romanzen, in denen verweinte Gesichter auf grafische Virtuosität treffen. Mit seinen detaillierten Vintage- Postern bietet Indian Hippy ein einzigartiges Style-Statement – und die Möglichkeit, das eigene Konterfei auf einem handgemalten Filmplakat verewigen zu lassen: ein cooles Mitbringsel, das auch online bestellbar ist.

Jhaveri Contemporary

Jhaveri Contemporary

Bei den Schwestern Amrita und Priya Jhaveri, den Gründerinnen der Galerie, laufen sämtliche Experimente von indischen, pakistanischen und bangladeschischen bildenden Künstlern, aber auch von Vertretern aus der Diaspora zusammen: die sinnlichen Abstraktionen des Bombayers Gaurav Gupta im vergangenen März, die minimalen Rätsel des FrankoInders Gyan Panchal und die Farbexplosionen des AngloPakistani Shezad Dawood. 

Als Schmuckkästchen dient eine sonnendurchflutete ehemalige Wohnung mit unbehandelten Wänden, deren Fenster poetisch den Bogen des Gateway of India und den legendären TajMahalPalast einrahmen.

Nita Mukesh Ambani Cultural Centre

Nita Mukesh Ambani Cultural Centre

Es ist der KunstHub, der ganz Asien, wenn nicht sogar die ganze Welt, in Aufregung versetzt: NMACC, das neue Wahrzeichen von Mumbai! Der rote Teppich, der einer Gala des Metropolitan Museum of Art (Met) würdig ist, wurde bei der Eröffnung Ende März ausgelegt. Zu den VIPGästen gehörten Priyanka Chopra, Zendaya, Gigi Hadid, Shah Rukh Khan. Was verbirgt sich hinter der Architektur mit dem goldenen Baldachin von Rooshad Shroff? 

Die PetrochemieMilliardärin Nita Mukesh Ambani wünschte sich ein multidisziplinäres Kulturzentrum – entstanden sind ein vierstöckiges Kunsthaus und ein Megatheater mit 2000 Plätzen! Superlative bietet auch das Dach, beleuchtet mit 8400 SwarovskiKristallen. Teil der ständigen Kunstsammlung ist der Infinity Mirrored Room der japanischen Künstlerin Yayoi Kusama – ein Universum atemberaubender optischer Illusionen und endloser Fantasie.

mumbai beach