»Weiße Wände? Ein Horror!«

Sein Händchen für Kunst, Kulinarik und coole Locations ist legendär. Seitdem Stephan Landwehr 2007, damals noch Inhaber einer Bilderrahmen-Manufaktur, mit zwei Freunden das Grill Royal in Berlin-Mitte eröffnete, gilt es als Hotspot, in dem sich auch Hollywoodstars ihr Steak schmecken lassen. Inzwischen gibt es einen Ableger in Hamburg und das Hotel Château Royal, in dem der Schlossherr (mit Hund Pandino) zum Gespräch empfängt.

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Beliebte Einkehradresse von Politikern, Journalis­ten und Flaneuren: das Einstein Unter den Linden. Das Café befindet sich direkt neben dem Château Royal und gehört wie das Hotel dem Unternehmer Stephan Landwehr. © Einstein.

Nahe dem Bahnhof Friedrich­straße, wenige Meter vom Boulevard Unter den Linden entfernt, hat 2022 das Château Royal Berlin eröffnet. Auf dem Trottoir steht ein bronzener Geist der Bild­hauerin Alicja Kwade. Ein charmantes (Haus-)Gespenst ist auch das Logo des Hotels und schmückt die Klingeln vor den Zimmer­türen. Nummer 308, Towersuite. Bellen ist zu hören. Mischlingshund Pandino gehört zu Stephan Landwehr wie sein Hut, der ihn zumindest äußerlich zum Berliner Beuys macht. Getränke sowie Schälchen mit gebrannten Mandeln und Oliven stehen bereit.

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Stephan Landwehr für IDEAT. (Foto Credits: Manuel Krug).

Herr Landwehr, immer wieder taucht Ihr Name im Zusammenhang mit angesagten Adressen auf. Was gehört alles zu Ihrem Kosmos? 

Das sind unterschiedliche Partnerschaften – ich bin Miteigentümer vom Grill Royal Berlin, dem Petit Royal in Charlottenburg, dem Hotel Château Royal sowie dem Grill Royal Hamburg. Außerdem beteilige ich mich noch an der Weinbar Freundschaft sowie am Einstein Unter den Linden. Auch das Kin Dee, das erste Thai-Restaurant in Deutschland mit einem Stern, gehörte dazu, aber das führte Dalad Kambhu dann alleine weiter. Der Pauly Saal in der Auguststraße musste während der Pandemie 2021 schließen.

Dafür eröffneten Sie im Sommer 2023 den ersten Ableger des Grill Royal in Hamburg – in einem rund 900 Quadratmeter großen Gastraum an der Alster. Warum?

Ich brauchte Räumlichkeiten für meine Bilder. Meine Kunstsammlung platzt langsam aus allen Nähten. 

Was dort hängt, ist beeindruckend: zum Beispiel das raumgreifende Bilderrelief von Angela Mewes oder die imposanten Muranoglas-Leuchter. Und dann noch zwei Werke von Daniel Richter.  

Richters Füchse mag ich sehr – im Gegensatz zu weißen Wänden: ein Horror!

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Grill Royal Hamburg. © Grill Royal.

Es heißt, Sie hätten das Grill Royal Berlin mit dem Verkauf eines Bildes finanziert.  

Stimmt. Ein Werk des schottischen Künstlers Peter Doig, das ich in einer Galerie für 8000 Euro erworben hatte, konnte ich bei einer Auktion für eine Million verkaufen und damit den Grill machen. Heute wäre es 15 Millionen wert! Allerdings kann kein Geld ein schönes Bild ersetzen.

Das klingt, als ob Sie es vermissen.

Tue ich! Ich denke wahnsinnig oft daran und hätte es gerne noch. Aber das Bild ist mittlerweile in der Rheingold-Sammlung. Vielleicht kommt es ja irgendwann wieder auf den Markt.

Sind Sie mit Kunst aufgewachsen oder woher kommt Ihre Passion? 

Nein, ich komme vom Land, aus einem Leh­rerhaushalt mit sechs Kindern. Nach der Schule wollte ich so schnell wie möglich raus aus der Provinz. Helmut Middendorf, einer der späteren Jungen Wilden, wohnte damals im Nachbardorf. Er nahm sich meiner 1982 in Berlin an – und so rutschte ich immer mehr in die Kunst­szene. Von Helmut habe ich gelernt, wie man ein Bild beurteilt, wie man es ein­ordnet. Das hat mich ungeheuer geprägt.

Das muss in Berlin eine aufregende Zeit gewesen sein. 

In der Tat. Die ersten Monate wohnte ich in einem besetzten Haus in Kreuzberg. Ich hatte ja kein Geld, ernährte mich von Marmeladenbroten. Der ultimative Künstlertreff war das Exil am Paul-Lincke-Ufer, hier wurde bis in den Morgen gesumpft. In diesem Lokal habe ich viele Kreative kennengelernt. Die Jungen Wilden hatten 1978 ihre erste Ausstellung im Haus am Waldsee, wenig später gab es weltweit einen regelrechten Hype um die deutsche figurative Malerei.  

Und Sie haben dann deren Bilder gerahmt? 

Ich war notorisch pleite und Middendorf fragte mich, ob ich nicht im Atelier helfen könne. Simple Aufgaben wie sauber machen, fegen, bis es immer spezieller wurde: Erst habe ich um die Leinwandbilder einfach nur schwarze Scheuerleisten drumherum genagelt, dann angefangen, richtige Rahmen herzustellen. Irgendwann war es eine Firma mit 15 Mitarbeitern. Wir haben nur handgearbeitete Bilderrahmen gefertigt: für Künstler, Museen, Galerien, Privatkunden – auf sehr hohem Niveau.

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© Einstein Berlin.

Trotzdem haben Sie die Branche gewechselt und sind 2007 mit dem Grill Royal Berlin Gastronom geworden. Wie kam es dazu? 

Ich wollte was Gemeinsames mit Freunden auf die Beine stellen. Da Boris Radczun und ich als leidenschaftliche Köche in meiner Wohnung große Abendessen und ausgelassene Partys schmissen, lag die Idee mit einem Restaurant nahe. 

Das Grill wurde schnell zum Place to be. Wer dorthin kommt, möchte sehen und gesehen werden. Wie erklären Sie sich diesen Erfolg? 

Wir bieten einen entspannten Rahmen, lässig, nicht überkandidelt, mit Stil. Trotzdem gemütlich und natürlich mit Top-Qualität bei Menü und Getränkekarte. 

Zu Ihnen kommen Schauspieler, Musiker, Fashion-Leute, Architekten, Künstler und Politiker. Vor welchem Gast ziehen Sie den Hut?  

Vor Neil Young bin ich sogar auf die Knie gegangen, genauso wie vor Jimmy Page, dem Gitarristen von Led Zeppelin.

Auch George Clooney war öfter bei Ihnen, als er für seinen Film The Monuments Men mehrere Wochen in Berlin wohnte. Wie haben Sie ihn erlebt? 

Als extrem nett. Trotzdem waren seine Besuche immer nervenaufreibend, da ich stets aufpassen musste, dass Clooney beim Essen seine Ruhe hatte. Die Leute kommen mit ihren Handys an den Tisch und fragen nach einem Selfie. Tom Hanks hatte damit kein Problem, im Gegenteil – er nahm professionell am Fenster Platz und winkte den Menschen zu.   

Sie bekommen sicher auch privat oft Tischanfragen. Wie gehen Sie damit um? 

Wir sind eigentlich jeden Abend überbucht. Das ist wie ein Puzzlespiel, bei dem wir die Teile hin- und herschieben. Wer mit wem und wer auf keinen Fall neben­einandersitzen kann. Irgendwann wird ein Bild daraus, meist gegen 20 Uhr. Aber darum kümmern sich inzwischen Gott sei Dank die jeweiligen Geschäftsführer der Lokalitäten. Ich werde ja bald 66 Jahre.

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Hotel Château Royal. © Felix Brüggemann/Château Royal

Also ein wenig kürzertreten? 

Genau, ich möchte mich mehr um meine privaten Projekte kümmern. Auf Sizilien habe ich ein Grundstück gekauft, um dort mit meiner Frau dem deutschen Winter zu entfliehen. Schöne Gespräche, kochen, der Hund an der Seite … herrlich!

Ihre Frau hatte eine Galerie für moderne Fotografie und war auch an der Auswahl der zeit­genössischen Kunst im Hotel Château Royal beteiligt. Auffällig ist der Humor vieler Werke.

Das ist Kirstens Verdienst. Sie hat die gesamte Auswahl kuratiert und war für die Hängung und Inszenierung zuständig. Mitunter verbergen sich kleine Geheimnisse hinter den Werken der oft jungen Künstler, die es zu entdecken gilt.

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Restaurant Château Royal. © Felix Brüggemann/Château Royal

Was ist Ihre neueste Anschaffung? 

Ich kriege demnächst einen riesengroßen Damien Hirst. Den habe ich aber getauscht. Ich kenne Damien und weiß, was er hat, und das, was ich ihm im Gegenzug gegeben habe, passt da sehr gut rein. 

Haben Sie einen aktuellen ­Ausstellungstipp für Berlin? 

Sigmar Polke im Schinkel Pavillon (Anm. d. R.: noch bis 02.02.2025). Übrigens eine einzigartige Location aus DDR-Zeiten. Die lag fast 20 Jahre nach der Wende brach, bis ich sie als Kunstraum entdeckt und einen Verein ins Leben gerufen habe. Im gleichen Jahr eröffnete ich den Grill und dann wurde mir das alles zu viel. Doch ich gehe nach wie vor gerne in den Garten des Kronprinzenpalais – es gibt in dem ­Pavillon richtig gute Ausstellungen.

grillroyal.com
chateauroyalberlin.com